Samstag, 31. August 2013

Wandel



Es neigt der Sommer sich dem Ende zu,
die volle Ähre beugt den Halm und Blüten
sind rar, doch umso schöner ihr Gesicht.
Der Sonne Kraft verebbt noch lange nicht,
doch Strahlen fallen schräger. Buben hüten
die ersten Köstenkühe. Mittagsruh
beim Weidevieh auf kurzem Angergrün
und Schwalben sammeln sich zum großen Ziehn.

Zeitgedanken


Es läuft die Zeit, es tickt die Uhr,
Vergehen gräbt sich eine Spur
auf seinem Weg zur Ewigkeit,
die nie in ihrer Wesenheit
begreifbar ist, erahnbar nur.

Wir zählen Stunden, die sich jäh
zum Jahr vereinen. Zeiger steh,
entzieht sich unsrem Willen weit.
Doch diese Unvollkommenheit
verdrießt uns nicht, sie tut nicht weh.



Freitag, 30. August 2013

Goldnebel



Die Birken trauern nur zum Schein,
zu prächtig ist das Nebelgold,
das erste Morgenstrahlen zaubern.

Ein still vergnügter Wolkenmund
schickt aus dem blauen Baldachin
ein wohlgemeintes Lächeln
hinab zur Perlenwelt des Taus,
der Huf und Horn des Weideviehs
mit spiegelnd frischem Glanz versieht.

Ein Dokument der Auferstehung,
den Morgenmüden fest verschlossen.
Dem Wanderer am Rain jedoch
ein Tor zur frohen Zuversicht.




Nicht missionierte Karpfen

Ein Karpfen hält in Glaubensdingen
nicht allzu viel vom Christentum.
Welch Freude soll ihm Weihnacht bringen,
da bringt man ihn zum Festmahl um.
Dann löst man seine Gräten aus,
der Köchin huldigt ein Applaus.

Man muss den Karpfen hier verstehen
dass ihm als geistiges Konzept
die Hinduriten näher stehen.
Ein fast fanatischer Adept!
Und einen konnte ich erblicken
beim  Unterwasserostwärtsnicken.




Donnerstag, 29. August 2013

Korrekt gekleidet

Im Krematorium ist’s heiß,
da rate ich zum kühlen Weiß.
Es sorgt beim Vorgang der Veraschung
vor unliebsamer Überraschung.

Bei Erdbestattung aber trägt
man – physikalisch angeregt –
nur dunkle Kleidung, groben Loden,
denn nichts stört mehr als kalter Boden.

Man sieht, geschickte Farbwahl bringt,
wenn dir ein Chor zum Abschied singt,
Erleichterungen im Ertragen
kalorisch postmortaler Plagen.




Weiherverse




Hölderlin sitzt stumm am Weiher,
Verse werden zu Gedichten.
Drüben muss ein grauer Reiher
Augen auf Bewegung richten.
Ich vermeine diese Szene
durchs Gewirr des Tanns zu sehen,
suche, wo ich diese wähne
und verfolge das Geschehen.

Schöner ist es dort am Teiche,
schöner als Gedankenbilder.
Erlen, Fichten, eine Eiche,
Prachtlibellen, die in milder
Luft im Schatten Ruhe pflegen,
lassen immer weiter suchen.
Fündig werde ich im regen
Zwitschern in den alten Buchen.

Finken necken zwei Pirole,
eine Schwalbe streift die Nässe.
Mittelspechte finden hohle,
morsche Stämme. Interesse
weckt Geknacke in den Fichten
bei den Rehen und der Reiher
fängt den Kärpfling. Ja, zum Dichten
bittet diese Welt am Weiher.



österreichische nationalbibliothek




heim der tausend folianten
denkmal hoher planungskunst

lettern zeilen
seiten bände
alle auf papier gebannten
neugedanken und berichte
unsres landes wissensfülle
wohlgeordnet
feinste druckkunst jede hülle
birgt der tempel dieses schatzes

säle gleichen residenzen
alter herrscher alter zeit

kerzenreiche luster glänzen
im geviert barocker mauern
lustvoll spürst du ein erschauern
vor dem geiste dieses platzes

Warum Raupen nur selten Sangesschwestern sind




Eine Raupe wäscht sich nicht,
Seife, Handtuch sind ihr schlicht
unbekannt – und das bedeutet,
dass sie sich zur Pflege häutet.  

Ratte, Känguru und  Schwein,
Feuerwehr, Gesangsverein
finden Häutung lächerlich,
doch warum nur, frag ich mich.

Bei der Ratte, bitte sehr,
sieht man’s ein, schon weniger
dann bei Känguru und Schwein,
gar nicht beim Gesangsverein.


Mittwoch, 28. August 2013

Herbstgruß der Amsel




 
Die Amsel singt.
Sie singt nach Noten.

Nach Noten, die auf Blättern stehen,
nur Sängern sichtbar mit Gefieder.
Wenn sie das Aderwerk als Leitern nützen
zum Auf und Ab im Flötenklang
und mit der Partiturenfarbe
im späten Sommerlau
die Weise ändern ,
dringt Wehmuts-Moll
in frohen Dur-Gesang.

Die Amsel singt.
Sie singt nach Noten.

Nach Noten, die auch Äolsharfen
im Trockenschilf zur Stimme helfen,
die wohl kein Irgendwer
beliebig für das Irgendwann ersann,
und selbst die Nachtigall
stimmt aus dem Dunkel
Willkommenslieder dem September an.