In der riesigen Halle des Hauptbahnhofes von Kairo reiht sich
Schalter an Schalter und vor jedem Ausgabefenster warten geschätzte hundertfünfzig
Leute auf eine Fahrkarte, die sie berechtigt, in einem der hoffnungslos
überfüllten Züge nicht Platz zu nehmen, sondern, durch die Massen am Umfallen
gehindert, zu stehen.
So war es auch an einem Sommertag, also zu einer unerträglich
heißen Zeit, als wir, meine Frau und ich, eine Karte nach Luxor lösen wollten.
Angesichts der drückenden Hitze, schlug ich meiner Frau unter Vorgabe diverser Gründe
vor, diese Aufgabe zu übernehmen. Ihr Kreislauf machte aber nicht lange mit,
sie setzte sich auf den Boden und ich nahm Platz hundertfünfunddreißig in der
Warteschlange ein.
Es fiel nicht weiter auf, dass meine Frau saß, viele taten das. Trotzdem
ging ein älterer Mann, der Kleidung nach ein Fellache, auf sie zu, legte einen
aufgerollten Gartenschlauch vor ihr ab und redete auf sie aufgeregt ein. Hätte
er die Hände nicht zur Unterstützung seiner Ausführungen gebraucht, wir hätten gar
nichts verstanden, so aber wurde uns bald klar, dass der Mann einen Aufpasser
für den Schlauch suchte, da er offensichtlich noch andere Besorgungen zu
tätigen hätte. Er verließ auch unmittelbar darauf das Bahnhofsgebäude.
Meine Frau war gar nicht so verstört angesichts ihrer neuen
Aufgabe. Auf dem Schlauch war es wesentlich bequemer zu sitzen. Das war auch
gut so, denn der Besitzer ließ sich Zeit. Nach etwa einer Stunde aber kam er
zurück, ging lächelnd auf meine Frau zu, um das so vortrefflich Bewachte
abzuholen. Da passierte etwas, was im Bahnhof von Kairo zwar vorkommen konnte,
aber sicher nicht alltäglich war.
Meine Frau erkannte den Mann nicht mehr, schließlich ähneln sich die
Bewohner des Niltales für einen Ausländer alle sehr. So weigerte sie sich, den
Schlauch herauszugeben. Der Mann lachte erst, versuchte sich auf verschiedenste
Weise zu erkennen zu geben. Es half nichts, keine Bitte, keine grimmige
Forderung. Meine Frau wollte das Utensil keinem hinterlistigen Betrüger
aushändigen. Trotz ihrer hitzebedingten Schwäche hielt sie die Rolle fest, der
Mann mochte zerren, wie er wollte.
Natürlich erweckte der Vorgang Aufsehen. Es schien, als ob sich die
Wartenden in zwei Parteien spalten würden, Unterstützer meiner Frau und
Patrioten, die ihrem Landsmann Recht gaben. In dieser Stimmung wurde mir
plötzlich klar, dass es sich um den rechtmäßigen Besitzer handeln musste. Ich erkannte
ihn wieder, weil er nur ein Ohr hatte, etwas, was nicht allzu häufig vorkommt. So
mischte ich mich ein, meine Frau vertraute mir und gab den Schlauch, der sich
mittlerweile schon seiner Verschnürung entledigt hatte, heraus.
Der Mann verließ die Halle mit seinem Eigentum in geradezu
lächerlicher Eile.